Lebensqualität im Alter und wie man sie beeinflussen kann
Lebensqualität im Alter ist ein Thema, das heutzutage viel häufiger auftaucht, als es in den früheren Jahrzehnten der Fall war. Dafür gibt es verschiedene Gründe, vor allem ein enormer medizinischer Fortschritt, dank dem Menschen auf der Welt im Durchschnitt wesentlich länger leben als in den vergangenen Epochen. Hinzu kommt die sich verändernde Einstellung sowohl zu den Begriffen „Lebensqualität“ und „Alter“ im Einzelnen als auch zu ihrer Vereinbarung. Denn der Alltag heutiger SeniorInnen sieht, im Vergleich zu den älteren Zeiten, völlig anders aus. Man reist viel, nimmt am sozialen und kulturellen Leben aktiv teil, führt oft ein reiches sexuelles Leben usw. Nicht zufällig gibt es im Englischen sogar die Bezeichnung „Best Ager“, verwendet für Personen ab 50-60 Jahren.
Daher widmen wir unseren heutigen Beitrag der Frage der Lebensqualität betagter Menschen. Der Text richtet sich an eine breite Zielgruppe. Wir hoffen, dass er sowohl bei SeniorInnen Interesse weckt als auch diejenigen anspricht, die sich mit den Menschen im (Hoch)Alter beruflich beschäftigen. Es lohnt sich nämlich zu wissen, welche Erwartungen an Leben moderne „reife Generation“ kennzeichnen, wenn man z.B. als Pflegekraft in einem Heim oder privat tätig ist.
Was bedeutet gutes Leben im Alter? Individuell und objektiv
Zuerst fragen wir ganz allgemein: was bedeutet gutes Leben im Alter? Die Antwort kann etwas überraschend wirken, aber Tatsache ist: es gibt keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem guten Leben im Alter und auf anderen Lebensetappen. Denn gutes Leben ist… ja, halt ein gutes Leben! Und da solche Sachen immer individuell zu verstehen sind, bedeutet es nun einfach dasjenige Leben, mit dem man zufrieden bleibt bzw. das Leben, das diese konkrete Person glücklich macht. Gutes Leben im Alter
wird also für jeden Menschen etwas anderes heißen. Dies sollte man nicht außer Acht lassen.Allerdings gibt es gewisse allgemeinmenschliche Faktoren, die für jeden von uns oder wenigstens für die überwiegende Mehrheit von Bedeutung sind und einen entscheidenden Einfluss auf das Wohlgefühl haben. Dazu zählt in erster Linie die körperliche Gesundheit, welche die absolute Grundlage der Lebensqualität eines jeden Menschen ist, insbesondere im fortgeschnittenen Alter. Die körperliche Gesundheit beeinflusst den physischen und psychischen Zustand sowie die geistige Aktivität eines Individuums. Unsere Bedürfnisse und Wünsche mögen untershciedlicher Natur sein – mentaler, emotionaler, sozialer aber ihre Erfüllung hängt normalerweise von der körperlichen Gesundheit ab.
Man kann jedoch nicht behaupten, für die entsprechende Lebensqualität im Alter sei nur ein guter körperlicher Zustand notwendig. Emotionale, gesellschaftliche und spirituelle Aspekte sind genauso wichtig und erfordern, mindestens teilweise, unter bestehenden Umständen, eine Befriedigung. Im nächsten Kapitel nehmen wir diese Faktoren unter die Lupe.

Was versteht man unter Lebensqualität? Fünf Ebenen kurz erklärt
Es gibt einen dezenten und dennoch erwähnenswerten Unterschied zwischen den Begriffen „gutes Leben“ und „Lebensqualität“. Während der erste eher im allgemeinen Gebrauch funktioniert und diverse ethische, ja gar philosophische Nuancierungen haben kann, bezieht sich der zweite auf konkrete Merkmale. In der Psychologie unterscheidet man z.B. zwischen 5 Ebenen der Lebensqualität im Alter ab 60 Jahren:
- emotionale Ebene – die emotionale Gesundheit ist im hohen Grade vom positiven Interesse am Leben sowie dem alltäglichen Enthusiasmus abhängig. Für viele ältere Menschen bedeutet das, in die für sie interessanten Tätigkeiten involviert zu sein. Sprich: das zu machen, was für sie den Sinn des Lebens ausmacht (und ganz einfach Spaß bringt);
- soziale Ebene – feste gesellschaftliche Bindungen und Kontakte sind für viele (aber nicht für alle) SeniorInnen der Schlüssel zum unaufhörenden Lebensgenuss und der Hauptgrund, warum sie nicht aufgeben, sich um ihre Gesundheit zu kümmern. Die Aufbauun und Aufrechterhaltung sozialer Kontakte ist bei solchen Personen sehr relevant;
- intellektuelle Ebene – mit dem Alter geht oft die Verschlechterung der Denkfähigkeit einher, deshalb betrachten viele Menschen solche Störungen in den kognitiven Funktionen des Gehirns als unvermeidlich. Dennoch können einfache Sportübungen den Denkverfall aufhalten und sogar umkehren. Mehrere Studien zeigen, dass Widerstandstraining einen positiven Effekt auf die kognitive Funktion ausübt;
- geistige Ebene – es liegt in der Natur des Menschen, seinem Leben Sinn zu verleihen bzw. Danach zu suchen. Darauf machte schon der deutsche Psychologe Alfred Adler in seinem letzten Buch Der Sinn des Lebens aufmerksam gemacht. Für viele SeniorInnen bedeutet spirituelle bzw. Geistige Gesundheit, dass sie immer noch in der Lage sind, etwas Gutes für andere Menschen und nicht nur für sich selbst zu tun. Sie können sich dann beispielsweise ehrenamtlich in diverse Aktivitäten engagieren (Menschenrechte, Tier- und Naturschutz usw.). Oder ihre Familienmitglieder unterstützen, den Kindern und Enkelkindern zu helfen;
- Umgebungsebene – laut modernen Untersuchungen besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Umwelt und unserer inneren Stimmung, Kreativität, Motivation sowie dem individuellen Stresslevel. Nehmen wir ein Fitness-Studio als Beispiel. Laute Hallen mit beänstigend wirkender Ausstattung und einer unfreundlichem Beratung lassen viele ältere Menschen denken, dies alles sei nicht für sie. Umgekehrt, können saubere, gut beleuchtete Räume mit einer angenehmen, ruhigen Atmosphäre und hilfsbereiten MitarbeiterInnen betagte Besucher motivieren und inspirieren.
Was ist das beste Alter des Lebens? Gibt es so was überhaupt?
Um diese Frage – was ist das beste Alter des Lebens? – zu beantworten, sollte man sich zuerst fragen, was man unter „das beste“ versteht. Das beste FÜR WEN? – so lautet ja die Kernfrage. Manche werden sagen, die schönste Zeit ihres Lebens sei ihre Jugend gewesen, vielleicht wird diese Meinung sogar die Mehrheit teilen. Aber ganz bestimmt nicht alle Menschen. So behauptete ein deutscher Schriftsteller in einem Interview, er würde gerne etwas jünger sein, jedoch nicht in seine Jugend zurückkehren, sondern in das Alter von 50 Jahren, das für ihn persönlich als das beste in seinem Leben gilt.
Darüber hinaus ist dieses Problem historisch bedingt. Der legendäre italienische Dichter Dante Alighieri meinte z.B., das Alter komme mit 45 Jahren. Heute würde man dies, wenigstens in der sog. „westlichen Welt“, natürlich anders sehen. Jedenfalls ist das Thema der Lebensqualität im Alter im gegenwärtigen Diskurs so oft wie wohl noch nie zuvor anwesend. Und hier haben wir eine gute Nachricht für diejenigen Menschen, die in der falschen Überzeugung gehaftet bleiben, das Alter bringe nur Beschränkungen und Schwierigkeiten mit sich. Es gibt nämlich eine Reihe von positiven Merkmalen eines höheren Alters. Hier einige davon:
- Erkältungsresistenz – mit zunehmendem Alter gewinnt das Immunsystem an Intelligenz und, sozusagen, „Lernfähigkeit“ (der Organismus lernt aus eigenen „Fehlern“);
- das Überleben bei Epidemien – nach der Covid-Pandemie, glauben viele ältere Menschen, jede Epidemie sei vor allem für sie gefährlich. Dabei forderte die bisher zerstörerischste Grippepandemie in 1918 50 Millionen Todesopfer, von denen in erster Linie Menschen im Alter von 20 bis 40 Jahren betroffen waren, also diejenigen Altersgruppen, die als die stärksten und gesündesten gelten;
- man leidet seltener an Allergien, die hauptsächlich dem Antikörper Immunglobulin E verbunden sind. Mit zunehmendem Alter produziert der Körper diesen und andere Antikörper in immer geringeren Mengen. Daher werden unsere Allergien umso schwächer, je älter wir sind;
- weniger Kopfschmerzen – dies mag seltsam vorkommen, aber bei Menschen, die unter Migräne leiden, können die vaskulären Kopfschmerzen im Alter immer seltener werden oder gar aufhören (dies bestätigten schwedische medizinische Studien).

Tipps und Fakten – was verbessert das Wohlbefinden im Alter?
Der Einfluss physischer Gesundheit auf die Lebensqualität im Alter oder selbst Hochalter hängt zwar immer von der einzelnen Person ab. Es gibt aber bestimmte Faktoren, die zur objektiven Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität beitragen. Also: was verbessert das Wohlbefinden im Alter? Dazu gehören folgende Aspekte:
- positive Gefühle, d.h. Glück, Freude, Anpassungsfähigkeit, geistige Ruhe;
- Vorbeugung unangenehmer Symptome wie etwa Atemnot, Schmerzen, Übelkeit oder Verstopfung;
- Möglichkeit bzw. Fähigkeit, normale tägliche Aktivitäten auszuführen (Baden, Sich-Anziehen, Toilettengang u. a.);
- Reisemöglichkeit, die selbstverständlich vom körperlichen Zustand stark abhängt, allerdings hat sie, wenn dies die Gesundheit erlaubt, in der Regel einen durchaus heilenden Einfluss auf den Menschen;
- enge Beziehungen zu Freunden und Familienmitgliedern;
- gesundes Körperbild (einschließlich intimer Beziehungen, obwohl dies sehr von der jeweiligen Person abhängt);
- Zufriedenheit mit den medizinischen und finanziellen Bedingungen der Gesundheitsversorgung.
Lebenszufriedenheit im Alter – zusammenfassende Gedanken
Zum Schluss sei daran erinnert, dass Altern kein auf einmal anfangender, sondern ein lebenslanger Prozess ist, der in seinen Spätphasen zur Verschlechterung funktioneller Gesundheit des menschlichen Körpers führt. Diese Phasen teilt man generell in drei zeiträumliche Etappen:
- Alter – 60–74 Jahre;
- Hochalter – 75–89 Jahre;
- Langlebigkeit – 90 Jahre und mehr.
Diejenigen negativen Charaktereigenschaften, die in der Jugend maskiert waren – übertriebene Empfindlichkeit, Reizbarkeit, Mürrischkeit oder Gier – treten im (hohen) Alter deutlich hervor. Aufgrund mangelnden Vertrauens entfalten sich Angst und Misstrauen in die eigenen Fähigkeiten. Durch übermäßiges Eintauchen in verschiedene Krankheiten und Krankheitssymptome entstehen beunruhigende Emotionen und sogar depressive Zustände.
Allerdings sollte man die psychologischen Merkmale einer betagten Person keineswegs auf das Negative begrenzen. Wissenschaftliche Untersuchungen, die man weltweit durchführt, weisen auf vielfältige Ausprägungen der positiven Einstellung und dankbarer Lebenszufriedenheit im Alter. Wen ältere Menschen z.B. in den wohlverdienten Ruhestand gehen und weiterhing am öffentlichen Leben, an der Bildung junger Generationen und an der Bereitstellung sämtlicher möglicher Hilfeleistungen für Bedürftige teilnehmen, führen sie ein erfülltes, glückliches Leben, ohne psychologische Nachteile zu erleiden.
Harmonie im Alter – unsere Schlussfolgerungen
Aber nicht nur Altruismus hilft dabei, die Lebensqualität zu erhöhen. Oft beginnen betagte Menschen, sich an Aktivitäten zu beteiligen, für die sie zuvor keine Zeit hatten. Zum Beispiel Selbstbildung, Seniorenreisen mit Betreuung in andere Länder, Unterhaltungsformen neuer Art usw. So war z.B. Jimmy Carter, der vor kurzem mit 100 Jahren verstarb und somit als der am längsten gelebte amerikanische Präsident in die Geschichte einging, nicht nur wohltätig aktiv, sondern lernte auch im Hochalter gemeinsam mit seiner Frau neue fremde Sprachen.
Nicht vergessen sollte man darüber, dass die Lebensqualität älterer Personen maßgeblich davon abhängt, ob ihre Umgebung imstande ist, mit ihnen zu kommunizieren, also von der Kenntnis der Besonderheiten der Alterspflege sowie von der Fähigkeit, SeniorInnen bei der Organisation aktiver Erholung zu helfen.
Eine entscheidende Bedeutung haben ebenfalls ausgewogene Ernährung, geregelte Medikamenteneinnahme und allgemeine gesundheitliche Vorsorge. Diejenigen, die sich um ältere Menschen kümmern, sollten unbedingt bedenken, dass der Lebensweg jedes Individuums einzigartig ist und seine Vergangenheit sowie seine Gegenwart Respekt verdienen. Selbst wenn jemand heute hilflos und schwach ist, hat er in seiner Jugend und Reife geliebt, studiert, gearbeitet, zog Kinder groß und kümmerte sich um die eigene Familie. Das Bewusstsein solcher Sachen und ein aufmerksames, liebe- und verständnisvolles Umgehen mit den Menschen an ihrem Lebensabend erhellt Ihren Alltag und verlängert die Zeit, die man mit ihnen zusammen verbringen kann.